
Hans Kaiser, gehört – geboren im Schicksalsjahr 1914 – zweifelsohne zu jener Künstlergeneration, über die Albert Camus einmal sagte, sie sei dazu „gezwungen, sich eine Lebenskunst für Katastrophenzeiten zu schmieden“. Als künstlerischer Autodidakt verliert er entscheidende Jahre seiner künstlerischen Entwicklung in der Zeit des Nationalsozialismus. In Reaktion auf die erfahrene Unfreiheit entwickelt sich Kaisers Werk nach dem Krieg als das eines bewussten Rand- und Grenzgängers. Er ist, wie es der Kritiker John Anthony Thwaites formuliert hat, ein „frontalier“: ein Grenzgänger zwischen Figuration und Abstraktion, ebenso wie zwischen Malerei und angewandter Kunst. Er vertritt nicht nur als Maler eine eigenständige Position in der abstrakten Kunst nach 1945, er gehört auch zu den bedeutenden Glaskünstlern seiner Generation.
Verbunden sind beide Bereiche durch die Bildfindung in der gestisch-skripturalen Aktion, durch einen künstlerischen Prozess, in dessen Zentrum in mehrfacher Hinsicht die Schrift und das Schreiben stehen: als persönliche Niederschrift im Sinne einer die Zeit prägenden existentialistischen Auffassung von Kunst wie als konkreter Grenzgang zwischen dem geschriebenen Text, dem Linienzug der Zeichnung und der Geste der Malerei.
Bis zu seinem Tod 1982 hat Hans Kaiser in seinen künstlerischen Grenzgängen ein spannungsvolles und vielgestaltiges Werk hinterlassen, dessen unterschiedliche Facetten es zu beleuchten und dessen kunsthistorische Prägnanz und ungebrochene Aktualität es sichtbar zu machen gilt.
Dies zur Aufgabe gemacht hat sich der 2001 gegründete Hans-Kaiser-Kreis e. V., der in den letzten bald 25 Jahren zahlreiche Ausstellungen organisiert und Publikationen herausgegeben hat – darunter seit 2018 die KAISERREIHE im Museum Wilhelm Morgner in Soest, die in regelmäßigen Ausstellungen Kaisers Werk in den Dialog mit zeitgenössischen künstlerischen Positionen bringt.
Grundvoraussetzung für alle Aktivitäten ist die Sicherung und Aufarbeitung des Werkes. Bereits zu Lebzeiten in zahlreichen musealen Sammlungen vertreten, ging ein großer Teil des künstlerischen Nachlasses nach dem Tod der Witwe Hilde Kaiser 2002 an das Gustav-Lübcke-Museum in Hamm und wurde dort 2020 bis 2022 im Rahmen eines Forschungsvolontariats in Grundzügen aufgearbeitet. Größere Werkkonvolute wurden seither zudem in die Sammlungen des LWL-Museums für Kunst und Kultur in Münster, des Märkischen Museums in Witten und des Museums Wilhelm Morgner in Soest aufgenommen. Der schriftliche Nachlass Kaisers wiederum befindet sich, ebenfalls seit 2001, im Stadtarchiv Soest und ist grundlegend erschlossen, wenn auch das dichte Netzwerk der Korrespondenzen sowie Kaisers literarisches Werk – seine Einschreibungen – noch keinesfalls erschöpfend erforscht worden sind.
Ein Werkverzeichnis wird auf Grundlage der Vorarbeiten von Hilde Kaiser und Anna Felix von Justus Beyerling erstellt.
